Oft wird ein Erbe schon deshalb ausgeschlagen, weil der Erbe davon ausgeht, dass der Nachlass überschuldet ist. Doch was passiert, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass doch nicht nur Schulden hinterlassen wurden, sondern durchaus positives Vermögen vorhanden ist. Kann die Ausschlagung der Erbschaft noch einmal abgeändert werden?
Die Motivation für eine Erbausschlagung sind vielfältig. Oft befürchten die Erben, dass sie für die Schulden des Erblassers haften müssen. Wenn ein Erbe unbedingt angenommen wird, dann ist dies auch regelmäßig der Fall, denn dann ist die Haftung nicht auf den Nachlass begrenzt. Wegen dieses Risikos tendieren Erben häufig dazu, dann, wenn nicht klar ist, ob der Nachlass überschuldet ist oder nicht, das Erbe auszuschlagen, um nicht in diese Haftungssituation zu gelangen.
Um ein Erbe auszuschlagen muss man allerdings aktiv werden und innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis von dem Erbfall entweder beim Nachlassgericht direkt oder bei einem Notar die Ausschlagung erklären.
Doch was passiert, wenn die Erbschaft ausgeschlagen wurde und man im Nachhinein feststellt, dass eventuell doch noch etwas Werthaltiges vorhanden ist? Kann die Ausschlagung rückgängig gemacht werden?
Mit dieser Frage haben sich viele Obergerichte beschäftigt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Frage unter bestimmten Voraussetzungen mit „ja“ beantwortet. Exemplarisch soll dies dann möglich sein, wenn sich der eigentliche Erbe bei der Zugehörigkeit einer Forderung zum Nachlass geirrt hat. Die vorher abgegebene Erklärung über die Erbausschlagung kann dann wegen eines Irrtums angefochten werden.
In den umstrittenen Fall, den das Oberlandesgericht Düsseldorf (AZ: 3 WX 12/16) zu entscheiden hatte, kam eine unverheiratete und kinderlose Frau bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. In der Annahme, der Nachlass sei überschuldet, schlug die als Erbin vorhergesehene Tante das Erbe zunächst aus. Später erfuhr sie dann, dass zu dem Nachlass der Verstorbenen auch die Schadensersatzansprüche gegen die Fluggesellschaft gehörten. Aus diesem Grund focht sie gegenüber dem Nachlassgericht die Ausschlagungserklärung an und begehrte einen Erbschein, dessen Erteilung das Nachlassgericht verweigerte.
Diese Verweigerung erfolgte allerdings zu Unrecht, wie das OLG befand. Demnach konnte die Tante glaubhaft darlegen, dass sie bei Kenntnis der Schadensersatzansprüche das Erbe nicht ausgeschlagen hätte, denn es sei für ihre persönliche Trauerbewältigung wichtig, dass sie den Anspruch auf Schadensersatz geltend machen kann. Dieser Auffassung folgten die Richter und erkannten darauf, dass die Tante ihre Erbausschlagungserklärung wirksam angefochten hatte und somit „wieder“ Erbin geworden war.