Auch wenn die Übertragung von Immobilien das Tagesgeschäft von Notaren darstellt, so kann jede Immobilienschenkungen Risiken enthalten, die nicht immer sofort entdeckt werden können. Hierfür gibt es viele Gründe. Zum einen ist der Notar zur Neutralität verpflichtet. Andererseits erfolgt durch den Notar keine steuerliche oder wirtschaftliche Beratung.
Zudem werden häufig Verträge oder bindende Regelungen übersehen, die bereits vorliegen. Hierzu gehören insbesondere bindende Ehegattentestamente oder sonstige Regelungen, die den Übertragenden in der Weitergabe seines Vermögens beschränken.
Darüber hinaus schwebt über allem immer die Motivation, dass Steuern gespart werden sollen. Deshalb wird in Anbetracht der steuerlichen Freigrenzen des § 16 ErbStG manchmal nicht das gesamte Eigentum an einer Immobilie übertragen, sondern nur prozentuale Miteigentumsanteile.
Hierdurch wird allerdings eine Miteigentümergemeinschaft begründet und die damit einhergehenden Risiken hervorgerufen.
Bei Instandhaltungsmaßnahmen gilt dann nämlich das Einstimmigkeitsprinzip. Das heißt, dass der Übertragende einen Teil seiner Entscheidungskompetenz verliert. Darüber hinaus kann jeder Miteigentümer die Teilungsversteigerung hinsichtlich der Immobilie in die Wege leiten. Dies kann dazu führen, dass der Übertragende die Immobilie verliert, in der er bis zu seinem Lebensende noch gerne leben möchte.
Um dies zu vermeiden, wird in der Regel ein Rückforderungsrecht in den notariellen Urkunden mitaufgenommen. Die relativ pauschal gehaltenen Rechte reichen allerdings im Regelfall nicht aus, da sie nicht hinreichend konkret sind. So sollte in derartigen Fallkonstellationen immer daran gedacht werden, dass ein freies Rückforderungsrecht statuiert wird, das auch grundlos ausgeübt werden kann.
Dies ist schon für die Fälle angezeigt, dass das zuständige Finanzamt in seiner Besteuerungsberechnung nicht die Werte zugrunde legt, die der Übertragende angegeben hat, sondern in seiner Beurteilung zu höheren Werten gelangt, die dann Schenkungssteuer auslösen.
Dementsprechend sollte sich der Übertragende eine solche Rechtsposition immer vorbehalten, auch für den Fall, dass der Beschenkte sich zukünftig nicht so verhält, wie es der Schenker sich vorgestellt hat.
Daneben ist zu beachten, dass es im hohen Alter regelmäßig dazu kommen kann, dass ein Schenker betreuungsbedürftig wird. Sind dann keine Regelungen vorhanden, insbesondere weil der Schenker keine Vorsorgevollmacht erstellt hat, so kann dies regelmäßig dazu führen, dass ein Betreuer bestellt werden muss.
Dieser tritt dann zwischen die Beschenkten und den Schenker und übt die Rechte des Schenkers aus, was dann problematisch werden kann, wenn der Betreuer zur Deckung etwaiger Verbindlichkeiten etwaige Schenkungen zurückfordern muss, um der Verarmung des Schenkers entgegenzuwirken bzw. diese abzuwenden.
Diesem Risiko kann dadurch entgegnet werden, dass eine Vorsorgevollmacht erstellt wird. In diesem Zusammenhang genügt allerdings nicht jede Vorsorgevollmacht. Eine individuell rechtliche Beratung, abgestimmt auf die Immobilienschenkung ist insoweit zu empfehlen. Hierbei kann daran gedacht werden, dass der Beschenkte sich verpflichtet Pflegeleistungen für den Schenker zu erbringen.
Dies würde eine Auflage darstellen, die auch den Gegenwert des Schenkungsgegenstandes steuerlich reduzieren kann. Auch sollte die Bestellung von Wohnungsrechten und einem Nießbrauch in die Beurteilung miteinbezogen werden. Den meisten Personen ist der Unterschied zwischen beiden Rechtsinstituten nicht bekannt.
Beide Rechtspositionen stellen Abschwächungen des Eigentums dar. Darf der Eigentümer einer Immobilie diese bewohnen, vermieten und veräußern, so kann der Nießbrauchberechtigte nur in der Immobilie wohnen und die Vermietungsmöglichkeit ausüben wohingegen dem Wohnungsrechtsinhaber lediglich – mit Ausnahme von Einzelfällen – das Recht verbleibt, in der Immobilie selbst leben zu dürfen.
Beide Rechtsinstitute beinhalten Risiken, die durch eine individuelle Gestaltung allerdings minimiert werden können. Bei dem Wohnungsrecht muss sorgfältig geregelt werden, dass nicht nur die konkret zugewiesene Wohnung genutzt werden darf, sondern auch Gemeinschaftsflächen, die häufig vergessen werden, wie z.B. Dachboden, Garten, Garage oder dergleichen und insbesondere auch der Heizungskeller.
Außerdem muss rechtssicher geregelt werden, was passiert, wenn das Wohnungsrecht nicht mehr ausgelöst werden kann.
Hier ist an eine Rentenablösung oder an eine Einmalzahlung zu denken. Es ist auch möglich, dass insoweit die Möglichkeit zur Vermietung eingeräumt wird.
Besondere Bedeutung haben diese beiden Rechtsinstitute auch bei der Berechnung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen. Pflichtteilsansprüche orientieren sich am Bestand des Werts des Nachlasses am Todestag. Ist die Immobilie bereits verschenkt, so ist sie in der Regel nicht mehr Gegenstand des Pflichtteilsanspruchs. Damit dieser Pflichtteilsanspruch allerdings nicht ausgehöhlt werden kann, wird er durch den sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch aus § 2325 BGB flankiert. Danach gilt, dass eine Schenkung pflichtteilserhöhend mitzuberücksichtigen ist, wobei der Wert jedes Jahr, das zwischen Schenkung und Erbfall liegt, um je 10 % abschmilzt.
Allerdings ist häufig nicht bekannt, dass diese 10-Jahres-Frist für die Abschmelzung in zwei bedeutenden Fällen nicht zu laufen beginnt, sodass die Immobilie dann mit ihrem vollen Wert bei der Berechnung des Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruchs mitzuberücksichtigen ist.
Zum einen verhindert die Bestellung eines Nießbrauchs an der gesamten Immobilie, dass die 10-Jahres-Frist in Gang gesetzt wird. Denn insoweit findet keine wirtschaftliche Ausgliederung des geschenkten Gegenstands aus dem Vermögen des Schenkers statt. Dies ist allerdings nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlich.
Auf der anderen Seite läuft die 10-Jahres-Frist auch dann nicht, wenn ein Wohnungsrecht an mehr als 50% der nutzbaren Wohnfläche zuzüglich der Nebengelasse und Außenbereiche vorbehält. Dies ist insbesondere bei Einfamilienhäusern äußerst problematisch, weil sich in diesen Fällen der Schenkende meist das Wohnungsrecht an der gesamten Wohn- und Nutzfläche, einschließlich Außenanlagen vorbehält.
Darüber hinaus sind bei derartigen Übertragungsvorgängen auch bereits bestehende testamentarische Regelungen zu beachten und in die Beurteilung miteinzubeziehen. Denn in einem solchen Schenkungsvertrag sind regelmäßig erbrechtliche Entscheidungen zu treffen, beispielsweise zur Anrechnung auf den Pflichtteil oder zur Ausgleichung zwischen mehreren in Betracht kommenden Erben. Sinnvoll ist es, zuerst eine individuell beratende testamentarische Regelung zu erstellen und in einem zweiten Schritt die Immobilienschenkung dann zu vollziehen.
Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn bereits Ehegattentestamente oder Erbverträge mit entsprechenden Bindungswirkungen existieren, die einer Schenkung entgegenstehen (können). Es gibt insoweit viele Fälle in denen Immobilienschenker vor Jahren bereits ein bindendes Ehegattentestament oder einen bindenden Erbvertrag geschlossen haben, der eine Übertragung von Vermögenswerten zu Lebzeiten des Erblassers bzw. des Schenkers entgegenstehen. Je nachdem, was in der Verfügung von Todes wegen geregelt ist, kann dann der benachteiligte Erbe auch nachträglich noch gegen die Übertragung vorgehen.
Eine oftmals unbekannte Besonderheit besteht für den Fall, dass das Familienheim übertragen werden soll. Hier stellt § 16 I 4 a bis c ErbStG eine Sonderregelung dar. Ist eine Immobilienschenkung steuerlich motiviert, so sind die Beweggründe der Beteiligten meist bekannt. Unbekannt ist allerdings häufig, dass bereits ein steuerlich sinnvoll gestaltetes Testament eine lebzeitige Immobilienschenkung entbehrlich macht. Dies kann insbesondere dadurch erreicht werden, in dem man beispielsweise Steuervermächtnisse anordnet oder Enkelkinder ebenfalls begünstigt.
Ein weiteres Thema, das in diesem Zusammenhang häufig übersehen wird ist, dass das Familienheim unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei weitergenutzt werden kann und zwar insbesondere im Erbfall. Hierfür ist es erforderlich, dass im Rahmen einer Testamentsberatung eine durchsetzbare Regelung geschaffen wird. Ist dies erfolgt, so kann meist eine kostenverursachende Schenkung des Familienheims zu Lebzeiten ganz oder teilweise manchmal vermieden werden.
Bei Fragen zu diesen Themenbereichen wenden Sie sich an Ihren Fachanwalt für Familien- und Miet- und Wohnungseigentumsrecht in Bochum, Herrn Rechtsanwalt Ingo Kauder.